Montag, 30. September 2013

Schwarz-Blau-Stronach: Bringen wir's hinter uns.

Wahlen in Österreich zu analysieren ist so sinnvoll wie die Kokosraspeln einer Schwedenbombe zu zählen. Eine nette Freizeitbeschäftigung, man fühlt sich auch in guter Gesellschaft dabei belämmert und zum Schluss kommt man zu einem Ergebnis, von dem man weder weiß ob es nun stimmt, geschweige denn was man damit anfangen soll.

Um die Sache abzukürzen und gleich zum Verzehr der flaumigen Köstlichkeit überzugehen: Österreich braucht Schwarz-Blau-Stronach. Die Chancen, dass Österreich diese ÖVP-FPÖ-TS-Regierung erhält sind deutlich besser, als es uns besachwaltende Boulevardmedien einreden.

Kanzler Faymann steht mitsamt seiner auf 27 % gerupften Partei alleine da. Seine einzige Koalitionsmöglichkeit ist eine Rot-Schwarze. Rot-Blau hat Faymann authentisch ausgeschlossen - der linke Parteiflügel rund um die Sozialistische Jugend dürfte eine derartige Annäherung auch ebenso wenig begrüßen wie die rote AntiFa. Für Rot-Grün reicht es bei weitem nicht, für Rot-Grün-Neos auch nicht. Lediglich Rot-Grün-Stronach-Neos als flotter Vierer wäre rechnerisch möglich - hierzu müsste aber Matthias Strolz seine "Firewall" gegenüber Stronach brechen. Unwahrscheinlich.

Bliebe Rot-Schwarz. Letztmalig, bevor die FPÖ 2018 gegen 30 Prozent und die NEOS gegen 10 Prozent wandern. Mit einer marginalisierten ÖVP unter 20 Prozent, der von den Medien vorgeworfen wird, 2018 seit 33 Jahren ununterbrochen in der Regierung zu kleben wie schwarzer Dreck unter Fingernägeln. Tolle Aussichten für eine Partei, die sich noch gut daran erinnert, wie sie vor knapp 10 Jahren mit 42 Prozent den Kanzler stellte.

Jene ÖVP-Sesselkleber, die bisher jede Wahl überlebten, obwohl die ÖVP die Mandatszahl halbierte, sind nun die größte Chance. Es ist einem Werner Amon oder einem Fritz Grillitsch doch denkbar egal, ob die ÖVP im Nationalrat mit 10 Mandataren mehr oder weniger vertreten ist. Im Zweifel sind etwas weniger sogar besser, um lästige Konkurrenten oder übereifrige Basis-Wappler auszuschalten und im Klub seine Ruhe zu genießen. Zu viele Stimmen übertönen die eigene intellektuelle Stille. Doch vor allem Werner Amon dürfte in diesem Wahlkampf, in dem er ohne Zwischenlandung als ÖAAB-Kandidat der Obersteiermark zum Wirtschaftsbund-Spitzenkandidat der Weststeiermark avancierte, eine Trendwende erkannt haben. Ein sicher geglaubtes Grundmandat im bisherigem schwarzen Kernland kann man sich durch Habsburger'sche Heiratspolitik nur dann sichern, wenn es dieses Grundmandat real gibt. Was 2013 nicht mehr der Fall ist, sodass Amon als Verlegenheitslösung nach jenem Landeslistenmandat greift, das für die steirische JVP-Zukunftshoffnung Lukas Schnitzer reserviert war. Es ist den Altvorderen bewusst: Im schwarzen Almabtrieb ist inzwischen jene Mandatsgrenze erreicht, bei der es nicht mehr darum geht, neue Gesichter zu bringen, sondern die eigenen zu erhalten. Ein beunruhigendes Gefühl.

Was liegt also näher, als den eigenen Abstieg nicht lethargisch zu erwarten, sondern den Kanzlerwechsel durchzuführen? Schwarz-Blau regt maximal die linke Hälfte der SPÖ-Anhänger auf. Viele Team-Stronach-Abgeordnete und -Mitarbeiter kennen die Blauen persönlich. Sie sind ja auch von der FPÖ Richtung BZÖ gesegelt und dann beim Milliardär in den sicheren Hafen eingelaufen. Die Programme aller drei Parteien unterscheiden sich nicht deutlicher, als jene zwischen Rot und Schwarz. Realpolitisch sind die Gräben kleine Schlaglöcher auf der Autobahn der Macht.

Das Personal für diese Koalition steht auch schon bereit. Vor allem die Führungsriege hinter Strache ist bemerkenswert für Ministerverantwortung geeignet. Mitterlehner darf als Kanzler Kanzler sein. Strache übernimmt als Vize und Innenminister die Nicht-Umsetzung seiner Zuwanderungs- und Sicherheitsdoktrin. Nachbaur darf als Finanzministerin ihr Glück am Budgetpfad versuchen, da die zentrale TS-Forderung - keine Neuverschuldung - durch die einhelligen EU-Beschlüsse sowieso bis 2018 Realität wird. Kickl wäre als Sozialminister kein qualitativer Abstieg, Lindner kann als versöhnliche Pröll-Freundin als Kultur-/Medienministerin ihren Beitrag zur ORF-Reform leisten. Wenn man besonders gönnerhaft wirken möchte, kann man Matthias Strolz das Bildungsressort überlassen, um auch in diesem Bereich glaubhafte Reformen anzupacken.

Einziger Knackpunkt: Strache möchte 2018 selbst Kanzler werden. Doch glaubt das wirklich jemand? 15 Stunden Arbeitstage, nächtliche Verhandlungsmarathons in Brüssel, Wochenenddienst - all das soll man gegen die Idylle mit der netten 28jährigen Freundin, den mehrwöchigen Ibiza-Touren pro Halbjahr und die Disco-Wochenenden eintauschen? Schwer vorstellbar, dass darin sein Ehrgeiz liegt.

Alle könnten glücklicher sein. Erspart uns die finalen 5 Jahre Rot-Schwarz. Offeriert den Wechsel, solange man  zumindest rechnerisch eine SPÖ-ÖVP-Alternative im Ärmel hat. Kurzum: Bringen wir's hinter uns.